Musikreviews.de bei Facebook Musikreviews.de bei Twitter

Partner

Statistiken

Cash Savage And The Last Drinks: Live At Hamer Hall (Review)

Artist:

Cash Savage And The Last Drinks

Cash Savage And The Last Drinks: Live At Hamer Hall
Album:

Live At Hamer Hall

Medium: CD/LP/Download
Stil:

Indie Rock, Alternative Folk

Label: Glitterhouse/Indigo
Spieldauer: 51:46
Erschienen: 27.11.2020
Website: [Link]

„Hol' mir mal 'ne Flasche Bier!“ Dieser Satz ist vielen von uns sicher noch immer in den Lauschlappen verfestigt, wenn wir an den ehemaligen Kanzler, der sich als Alt-68er SPDler zur moralischen Instanz ausrief, um nach Machterhalt und späterer Niederlage heutzutage als lebemännischer, russischer Öl-Mogul-Freund alles Moralisch-Rebellische über Bord zu werfen. Ihm war eben, getreu dem brechtschen Motto: „Erst kommt das Fressen, dann die Moral“ die Jacke näher als die Hose, weswegen er diese auch häufig herunterließ. Da hilft dann das Saufen. Jedenfalls wird das Schröderanische wohl die Australier CASH SAVAGE AND THE LAST DRINKS nicht sonderlich anheben, aber auch ihnen scheint alles Flüssige, was so durch die Kehle rinnt, von wichtiger Bedeutung zu sein. Und dass man zugleich „Fun In The Sun“ hat, auch wenn einem dieser Spaß momentan gehörig durch einen fiesen Virus verhagelt wird, der zu dieser absolut ungewöhnlichen Live-Platte, aufgenommen am 23. Juni 2020 in der Melbourner Hamer Hall, führte, ist im bandinternen Sinne wohl eher Schwarzer Humor als Sonnenspäßchen.

CASH SAVAGE AND THE LAST DRINKS bewegen sich indi-alternativ-musikalisch deutlich stärker auf den Schattenseiten der viel zu wenig beachteten Musik-Nischen und geben dort, besonders auch durch die ungewöhnlich maskulin-punkige Stimme ihrer Sängerin Cash Savage sowie das atmosphärisch tiefgreifende, oft von einer Geige bestimmte Rhythmusgefühl der Band, eine verdammt gute Figur ab. Live ist eben live – auch ohne Publikum. Die Musik auf „Live At Hamer Hall“ leidet darunter zumindest in keiner Weise.

Auch wenn die Australier in unseren Längengraden nicht sonderlich bekannt sind, sollten sie ab sofort unbedingt ihren europäischen Insider-Status erhalten. Denn wenn sich eine Band, die im fernen Australien so etwa alle Konzertsäle unsicher macht, plötzlich von einem Virus erst ausgebremst und dann komplett lahmgelegt wird, trotzdem auf einfallsreich Weise live weitermacht – aber eben ohne Publikum, doch trotzdem auf der Konzertbühne der Hamer Hall – so beweist sie damit neben Einfallsreichtum auch gehöriges Selbstbewusstsein. Und das kann man heutzutage als Musiker, der immer mehr in die existenziell bedrohlich Ecke gedrängt wird, gebrauchen.

Live At Hamer Hall“ verbreitet auf Vinyl tatsächlich Live-Atmosphäre, sogar Ansagen werden eingebunden. Das einzige was eben fehlt, ist der Applaus des Publikums. Dafür klingt der Sound sehr gut, die Musik manchmal etwas wütend und fordernd, sich gar in postrockige Dimensionen erhebend, um am Ende mit „Pack Animals“ ihr ganz großes, ausgelassenes Finale zu erleben. Aber auch die melancholischen Momente fehlen nicht, leiten gleich die insgesamt überhaupt etwas nachdenklich-ruhiger ausfallende B-Seite des Albums, mit „Better Than That“ im Singer/Songwriter-Stil ein. Bei „Fun In The Sun“ gibt’s gar orgelige 70er-Jahre-Rhythmen, irgendwo zwischen DOORS und IRON BUTTERFLY um die Ohren, während der längste siebeneinhalbminütige Song „Sunday“ die Violine ausgiebig in den Mittelpunkt rückt und eine schwere psychedelische Breitseite dabei aufzieht. Unzweifelhaft lässt dabei GRINDERMAN grüßen.

Beim Hören dieses Nicht-und-eigentlich-doch-Live-Albums spürt man deutlich, wie sehr CASH SAVAGE AND THE LAST DRINKS die „echten“ Live-Auftritte fehlen. Sie spielen fehlerfrei und professionell die gute Stunde auf der Hammer-Hall-Bühne runter. Wahrscheinlich mit geschlossenen Augen und einem Saal voller Zuschauer vor ihrem geistigen Auge. Das ist wirklich live – und wirklich gut. Eine Kriegsansage gegen einen Virus und die traurige derzeitige Alternativ zugleich: „Fuck off, Corona, we are still here!“

FAZIT: Ein Live-Album eingespielt in einer Zeit, in der Live-Auftritte vor Publikum unmöglich sind. Geht das? Aber klar. Mit „Live At Hamer Hall“ legen die Indie-Alternative-Rocker CASH SAVAGE AND THE LAST DRINKS aus Melbourne den livehaftigen Beweis dafür vor. Trotz Lockdown live-leidenschaftlich von der Bühne ein knackiges Konzert gespielt. Ohne begeistertes Live-Publikum zwar, dafür aber auf Konserve gebannt – und die sollte eigentlich ein ebenso begeistertes Publikum finden. Unbedingt laut aus ein paar fetten Boxen abspielen.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 4047x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
[Schliessen]
Wertung: 12 von 15 Punkten [?]
12 Punkte
Kommentar schreiben
Tracklist:
  • Seite A (25:25):
  • Intro: Falling, Landing (6:25)
  • Rat-a-tat-tat (4:39)
  • February (5:06)
  • Human, I Am (3:03)
  • Good Citizens (6:12)
  • Seite B (26:21):
  • Better Than That (4:11)
  • Collapse (5:01)
  • Fun In The Sun (5:27)
  • Sunday (7:24)
  • Pack Animals (4:18)

Besetzung:

  • Sonstige - Beteiligte Musiker: Cash Savage, Nick Finch, Rene Mancuso, Roshan Khozouei, Kat Mear, Joe White

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
Benachrichtige mich per Mail bei weiteren Kommentaren zu diesem Album.
Deine Mailadresse
(optional)

Hinweis: Diese Adresse wird nur für Benachrichtigungen bei neuen Kommentaren zu diesem Album benutzt. Sie wird nicht an Dritte weitergegeben und nicht veröffentlicht. Dieser Service ist jederzeit abbestellbar.

Captcha-Frage Wobei handelt es sich um keine Farbe: rot, gelb, blau, sauer

Grob persönlich beleidigende Kommentare werden gelöscht!